Freitag, 24. Mai 2013

Soldatenhandel

Menschen als Ware

Von 1744 bis 1793, fast 50 Jahre lang, war Karl Eugen (1728-1793) Herzog des Fürstentums Würtemberg. Im Klavierspielen unterrichtete ihn Carl Philipp Emanuel Bach, an Frankreich verkaufte er 1752 3000 "Landeskinder", um seine verschwenderische Hofhaltung zu finanzieren:
Durch seine Verpflichtung als US-Marine erhielt der später unter dem Namen "Shaggy" berühmt gewordene Orvill Richard Burrell die amerikanische Staatsbürgerschaft [Foto: wikipedia.org]
„Vom Herzog ermächtigt, hob [der Leiter der Kriegskommission, Major Philipp Friedrich Rieger], unter dem Protest der Landschaft, zuerst aus der Menge der hinsichtlich des Wehrdienstes Nichtprivilegierten, vornehmlich Bauern, [zwangsweise] Rekruten aus, dann bezog er auch vom Wehrdienst Befreite wie Schreiber und Handwerker in seine Zwangsrekrutierung ein und die einer Verhaftung gleichende Aushebung von Betrunkenen, von unsoliden, schlecht beleumundeten Burschen überhaupt machte den Abschluß. Die Sollstärke des Kontingents war erreicht.“
[Leo Ignaz von Stadlinger: Geschichte des württembergischen Kriegswesens. Hofdruckerei zu Guttenberg, Stuttgart 1856]
Französische Kolonialsoldaten im Zweiten Weltkrieg [Foto: wartist.org]
 Im Herbst 1759 rückte ein würtembergisches Regiment auf Seiten der Franzosen in den Siebenjährigen Krieg aus. Einer der Soldaten war der aus Geldsorgen in den Wehrdienst eingetretene Wundarzt Johann Caspar Schiller (1723-1796). Als am 10. November 1759 sein Sohn Johann Christoph Friedrich geboren wurde, begab er sich gerade für seinen Herzog in Lebensgefahr. Karl Eugen konnte sich aufgrund des konkreten Kriegszustandes im Geburtsjahr eines der berühmtesten Dichter Deutschlands über 479 000 Gulden aus dem Verkauf seiner Soldaten freuen.

In seinem im April 1784 in Mannheim zur Aufführung gebrachten Trauerspiel "Kabale und Liebe" kritisiert Friedrich Schiller den Verkauf von Soldaten an andere Staaten. Dieser "Soldatenhandel" war im Zeitalter des Absolutismus auch in demokratischeren Staaten wie der Schweiz üblich. Schiller kritisiert konkret die Zwangsrekrutierung und die Verschwendung der Einnahmen durch deutsche Fürsten, deren dekadente Hofhaltung mit dem Blut der Untertanen erkauft wurde.
Einglische Karrikatur eines hessischen Grenadiers aus der Zeit des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges [Foto: wikipedia.org]
Die Kritik Schillers scheint sich jedoch nicht gegen den "eigenen" Fürsten, Karl Eugen, sondern gegen Landgraf Friedrich II. von Hessen-Kassel zu richten. Die würtembergischen Söldner waren von den Engländern nach einer Inspektion für den Einsatz gegen den Aufstand in den amerikansichen Kolonien abgelehnt worden. Im Jahr 1787 wurden zwar 2000 würtembergische Soldaten nach Übersee verschifft. Dort dienten sie jedoch der niederländischen Ostindien-Kompanie und verendeten in Südafrika, auf Ceylon und in Indonesien, vornehmlich durch Fieber und Hunger.

Landgraf Friedrich II. verkaufte ab 1776 insgesamt 12 000 Soldaten an die englische Kolonialmacht. Sie kämpften gegen die amerikanischen Kolonisten. Schiller beschreibt Erschießungen im Vorfeld der Zwangsrekrutierungen für einen Einsatz in den englischen Kolonien Nordamerikas und sagt den verabschiedeten Soldaten eine düstere Zukunft voraus:

"Noch am Stadttor drehten sie sich um und schrien: "Gott mit euch, Weib und Kinder! Es leb' unser Landesvater - Am jüngsten Gericht sind wir wieder da!" [Kabale und Liebe, 2.Akt, 2.Szene]

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