Montag, 10. März 2014

El Tinku

Der bolivianische Fight-Club?
Foto: ElPotosi.net
 
Einmal jährlich werden in Dorfgemeinden der Bundesstaaten Cochabamba und Potosí in Bolivien rituelle Tänze und Faustkämpfe veranstaltet. [Foto: wikipedia.org] Hirnlose Klopperei oder UNESCO-Weltkulturerbe?  
 
Tincu-Kämpfe in Bolivien [Englische Doku,2007]
 
Der Tincu ist in erster Linie keine Schlägerei betrunkener Männer, er ist ein uraltes Vermächtnis der Aymara-Kultur im Alti Plano, andinen Hochland Boliviens und Perus.

Die Tänze waren auch damals nicht ungefährlich. Alljährlich schmückten sich Frauen und Männer mit Helmen aus gegerbtem Leder so fest wie Metall, schmückten sich aber auch mit farbenprächtigen Kostümen. Volksfest und Volkstanz einer uralten Indianerkultur.
Folgendes Video vermittelt den Eindruck von den Kostümen, Tänzen und rituellen Kämpfen beim Tincu-Fest: 
LOS KJARKAS mit "Tuna papita"
Zu Beginn des Festes wird am Morgen das Ritual des "Ch'alla" begangen. Koka-Blätter, Alkohol und symbolische Gegenstände werden der Mutter Erde, der "Pachamama" geopfert.
"ritual de la ch'alla" [Foto:masisdancegroup.com]
Im Anschluß beginnt der bolivianische Fight Club. Das Blut, welches dabei vergossen wird, ist ebenfalls ein Opfer für die Pachamama, damit sie im kommenden Jahr gnädig sein möge. 

Heute gibt es eine bunte und vielseitige Tanzkultur bolivianischer Folklore. Allein der Tincu-Tanz kennt unterschiedliche Varianten, Schritte und Kostüme. 
Leider gibt es in einigen Dörfer immer noch eine traurige Interpretation des Tincu-Rituals - eine unkontrollierte Schlägerei besoffener Männer. 

Boliviens Präsident Evo Morales wollte vor Kurzem die Traditionen des "tincu-Festes" in den andinen Dörfern zum UNESCO-Weltkulturerbe erklären lassen. Doch die UNESCO lehnte den Vorschlag ab. Ein Ritual, bei dem Menschen verletzt, sogar regelmäßig zu Tode geprügelt werden, wäre kein besonderer Schatz der Menschheit.
Diese mittelalterlichen, wenn nicht sogar antiken rituellen Tänze und Kämpfe der Aymara-Kultur verkommen als weiter zu dem, als was sie in der Regel schon jetzt wahrgenommen werden - Schlägereien.
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Rituelle Schlägereien hat es wahrscheinlich in vielen Kulturen gegeben. Eine alte germanische Tradition hat sich zum Beispiel in Oberstdorf im südlichen Allgäu erhalten. Beim "Klausentreiben" am 4. und 6. Dezember dürfen dort abwechselnd einmal die Männer, ein anderes Mal die Frauen zuschlagen.

Ein Ausschnitt aus dem Buch:

Masken Gewalten: das Klausentreiben - ein Winterbrauch im Allgäu  

von Johannes Ries  

[Definition "Klausentreiben" - Link]

Video: Klausentreiben in Oberstdorf

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