Montag, 29. Oktober 2012

Wilhelm (Wilm) Hosenfeld - Der Retter des Pianisten

„Heute wieder ein Aktivist und ein 16-jähriges Mädchen. Aber es war aus beiden nichts
herauszukriegen. Vielleicht kann ich das Mädchen retten (...) Ich versuche, jeden zu retten, der zu retten ist (...) Ich bin nicht der Mensch dazu, solche Untersuchungen zu führen, wenigstens nicht mit der Herzlosigkeit, die hier angewendet wird. Und doch bin ich dankbar, dass ich das machen muss, denn ich kann doch Manches noch gutmachen.“
[Wilhelm Hosenfeld in einem Brief an seine Familie, 23.08.1944]

Am 13. August 1952 verstarb Wilhelm Hosenfeld im Alter von 57 Jahren in einem Kriegsgefangenenlager. Alle Versuche seiner Familie und der von ihm geretteten Frauen und Männer, ihn aus der sowjetischen Gefangenschaft frei zubekommen, waren erfolglos geblieben. Auch der berühmteste Überlebende, Wladislaw Szpilman, der vielen aus dem Film "Der Pianist" bekannt ist, konnte das Militärtribunal nicht von der Unschuld Hosenfelds überzeugen.

Elf Jahre zuvor waren diese Heldentaten noch nicht absehbar. Wilhelm Hosenfeld, geboren 1895 in Mackenzell bei Fulda, war ein begeisterter Anhänger Hitlers, trat 1933 in die SA und 1935 in die NSDAP ein. Er organisierte nationalsozialistische Kundgebungen wie den "Tag des deutschen Volkstums".
Familie Hosenfeld in den 1930er Jahren, Foto: Archiv Familie Hosenfeld
Doch seine Meinung vom "Führer" änderte sich grundlegend, als der Zweite Weltkrieg begann und der Massenmord an den Juden endgültig in seiner ganzen Brutalität entfesselt wurde. Nach Polen in eine Wachkompanie versetzt erlebte er die Einrichtung des Warschauer Ghettos und schreibt in sein Tagebuch:

"Mit diesem entsetzlichen Judenmassenmord haben wir den Krieg verloren. Eine untilgbare Schande, einen unauslöschlichen Fluch haben wir auf uns gebracht. Wir verdienen keine Gnade, wir sind alle mitschuldig. Ich schäme mich, in die Stadt zu gehen, jeder Pole hat das Recht, vor unsereinem auszuspucken. Täglich werden deutsche Soldaten erschossen, es wird noch schlimmer kommen, und wir haben kein Recht, uns darüber zu beschweren. Wir haben's nicht anders verdient."

Und Wim Hosenfeld handelt: Er versorgt jüdische und polnische Verfolgte mit falschen Papieren, organisiert Verpflegung und stellt sogar einige von ihnen als Mitarbeiter in der von ihm betreuten Sportschule ein. Die genaue Zahl der von ihm Geretteten ist nicht bekannt. Es waren mindestens zwölf, wahrscheinlich mehr als 30 Menschen, die er vor dem sicheren Tod bewahrte.  Einer von ihnen war Wladislaw Szpilman, dessen autobiographischer Roman "Tod einer Stadt" im Jahr 2002 als von Roman Polanski als "Der Pianist" verfilmt wurde.
Wladislaw Szpilman in den 1930er Jahren, Foto: wikipedia
Kurz nach der Befreiung Polens durch die Rote Armee wurde Hosenfeld gefangengenommen und erst einmal nach Minsk gebracht. In mehreren Verhören beteuert er seine Unschuld, doch die neuen Machthaber glaubten ihm nicht. Die Verhöre und die Isolationshaft konnten Hosenfelds Optimismus nicht brechen, richteten ihn jedoch physisch zugrunde. Er erlitt mehrere Schlaganfälle und starb schließlich in einem Kriegsgefangenenlager bei Stalingrad.

Ausschnitt aus dem Film "Der Pianist". Wladislaw Szpilman (Adrien Brody) spielt Chopins "Cis Moll Nocturne" für Wilhelm Hosenfeld (gespielt von Thomas Kretschmann):
 „Unter entsetzlichen Schmerzen wird etwas Neues, Größeres und Schöneres geboren. Es gibt auf der Welt keinen Untergang, keinen Tod ohne Hoffnung auf Auferstehung. […] Der einzelne Mensch wird ausgelöscht, aber die Menschheit wird weiterleben, und ich glaube, sie wird besser und schöner aus der Katastrophe hervorgehen. Darum lohnt es zu leben und zu hoffen.“ (Brief Hosenfelds an seine Frau, 16.3.1944)




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