Montag, 1. Oktober 2012

In der Globalisierungsfalle



Evo Morales‘ Bolivien leidet unter seinen Reichtum
Im Südosten Boliviens, nahe der brasilianischen Grenze, erhebt sich der „Cerro El Mutún“. 40 Milliarden Tonnen Eisenerz lagern dort. Der Eisenberg befindet sich mitten im artenreichen Feuchtgebiet des Pantanal, der sich von Bolivien bis tief nach Brasilien hinein erstreckt – einer der größten Süßwassersümpfe der Welt. Bolivien verfügt nicht über die Infrastruktur, um die weltweit größten oberflächennahen Eisenerzvorkommen abzubauen. Doch zum Glück gibt es „Jindal“. Mehr als zwei Milliarden Dollar will der indische Konzern in die Mine investieren. Aber für den Abtransport des Eisenerzes nach Fernost und damit zu den Pazifikhäfen in Chile und Peru fehlt eine Eisenbahnlinie oder eine eine Schnellstraße.
Der Cerro El Mutún komplett mit Wald bedeckt, Foto: bolivianet.com
Die rasant wachsenden Industrien Indiens und Chinas hungern nach Südamerikas Rohstoffen und Bolivien kann nicht nur mit Eisenerzen, sondern auch mit den zweitgrößten Gasvorkommen des Subkontinents aushelfen. Die Gaspipeline nach Brasilien führt in nur 20 Kilometer Entfernung am „Cerro“ vorbei.
China und Indien, jedoch auch die regionale Vormacht Brasilien, drängen die bolivianische Regierung unter Präsident Evo Morales, die Infrastruktur des Landes weiter auszubauen. Doch dem ersten indigenen Staatsoberhaupt Südamerikas ist es erst im September letzten Jahres mit aller Mühe gelungen, eine Eskalation der gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund eines Straßenbaus durch das indigene Territorium TIPNIS (Territorio Indígena y parque nacional Isiboro Sécure) zu verhindern. Der Streit ist noch nicht beigelegt, hat jedoch schon jetzt gezeigt, dass nicht alle 36 indigenen Völker Boliviens ihrem Präsidenten bedingungslos folgen.
Das mag auch daran liegen, dass Evo Morales eher eine Identifikationsfigur für die indigenen Völker der westlichen Landeshälfte und nicht der Grenzregion zu Brasilien ist. Als Gewerkschaftsführer der Koka-Bauern betreibt er unverholen Klientelpolitik und geht dabei auf Konfrontationskurs zur Drogenpolitik der USA. Doch selbst auf diesem Gebiet drohen ihm die Zügel aus der Hand zu gleiten. Die Förderung des Anbaus der Kokapflanze hat entgegen seiner Beteuerungen auch zu einer Erhöhung der Ausfuhr von Koka-Paste, dem Basisprodukt zur Herstellung von Kokain, geführt. Hier spielt die 3400 Kilometer lange Grenze zwischen Bolivien und Brasilien wiederum eine wichtige Rolle. Schon seit Jahrzehnten profitiert der internationle Drogenhandel von unzureichenden Grenzkontrollen und korrupten Zollbeamten.
Durch die kleine Ortschaft „Espíritu de la Frontera“ verläuft eine schmahle aber wichtige Verkehrsroute zum mächtigen Nachbarland Brasilien. Der „cerro El Mutún“ ist noch mehr als 200 Kilometer entfernt, aber schon hier kann man die Auswirkungen der Globalisierung erkennen. Mit dicken Baumstämmen beladene Lastwagen keuchen duch das Dorf, Polizeikontrollen suchen nach Koka-Paste. Ein paar Kilometer entfernt wächst Kaffee für Deutschland. Fair-Trade-Kaffee selbstverständlich.

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